Die Deutschen kriegen vom Spielen nicht genug. Spielwaren, die einen hohen Aufforderungscharakter zum Spielen und Basteln bieten, mauserten sich zu einem der beliebtesten Konsumgüter in der Pandemie. Covid 19 ist auch im zweiten Jahr der Pandemie ein Umsatztreiber für den Spielwarenmarkt und die Spielwarenhersteller. Gleichzeitig wirkt Spielen wie ein „Therapeutikum“ in der Krise. Das sind die zentralen Ergebnisse der siebten DVSI-Branchenstudie der Spielwarenindustrie und der aktuellen YouGov-Endverbraucherumfrage zum Thema „Spielen“, die auf der digitalen Branchenpressekonferenz am 30.12.2021 vorgestellt wurden.
Die Spielwarenbranche fährt auch im zweiten Jahr der Pandemie auf der Erfolgsspur. 62% der im DVSI organisierten Unternehmen bewerten ihre Lage derzeit als „gut“ bis „sehr gut“, was eine weitere Steigerung um 4 Prozentpunkte zum Vorjahr bedeutet. Auch für 2022 zeigen sich die befragten Unternehmen optimistisch. Zwar erwartet die Branche, dass es 2022 insgesamt eher zu einer Normalisierung der Marktdynamik kommt, aber 56% bewerten ihre Situation auch für kommendes Jahr weiterhin als „gut“ bis „sehr gut“. Zu den großen Gewinnern zählen wie bereits 2020 große und mittelgroße Unternehmen. Das zeigt die siebte DVSI-Branchenstudie. Ein Grund für die Zuversicht liegt darin, dass die Verbraucher ebenfalls 2022 mitspielen werden, wie die repräsentative, exklusiv für den DVSI erstellte YouGov-Umfrage nahelegt. 2021 haben 40% der Befragten Spielwaren als „Therapeutikum“ genutzt, um besser durch die Krise zu kommen. Insgesamt nutzten 48% der Befragten Spielen für sich und 37% wollen Spielen zukünftig einen größeren Stellenwert in ihrem Alltag einräumen.
Der DVSI-Index im Einzelnen
Die führenden deutschen Wirtschaftsinstitute senken seit Monaten ihre Wirtschaftsprognose für 2021. Sollte die deutsche Wirtschaft noch zu Beginn des Frühjahrs mit 3,7% wachsen, gehen die Institute aufgrund von Lieferengpässen, Materialmangel und Transportengpässen aktuell nur noch von 2,4% aus. Davon unbeeindruckt zeigt sich der deutsche Spielwarenmarkt und das Gros der im DVSI organisierten Spielwarenhersteller. In fast allen Segmenten beurteilten die befragten Unternehmen die aktuelle Lage im Durchschnitt als gut. Zwar spürt auch die wie kaum ein anderer Wirtschaftszweig global aufgestellte Spielwarenbranche die Auswirkungen der hohen Konsumnachfrage bei gleichzeitigen gestörten Lieferketten, dennoch wird der Gesamtmarkt nach Auffassung des DVSI im oberen einstelligen Prozentbereich wachsen.
Höhere Erwartungen an 2021 hegen sogar die DVSI-Mitglieder. Die befragten Produzenten erwarten für 2021 im Schnitt ein Umsatzplus von 11,1%. „Top oder Flop entscheidet sich allerdings auch dieses Jahr auf der Zielgeraden“, so DVSI-Geschäftsführer Ulrich Brobeil, „aber 39% unserer Mitglieder gaben an, dass sie das Weihnachtsgeschäft in diesem Jahr besser bewerten, obwohl 90% mit Problemen bei Materialien, Rohstoffen und Energie kämpfen, gefolgt von 88%, denen Transport und Logistik Kopfzerbrechen bereiten.“ Vor allem seit Jahren, oft sogar seit Jahrzehnten fest im Markt etablierte und bei Verbrauchern bekannte Klassiker dürften für eine insgesamt positive Jahresendrallye sorgen. „Natürlich gehen einzelne Unternehmen mit stark nachgefragten Rennern, TV beworbenen Artikeln und Innovationen ins Weihnachtsgeschäft“, ergänzt Ulrich Brobeil, „aber die meisten Befragten rechnen vor allem mit positiven Effekten für ihr Gesamtsortiment. Viele Verbraucher schätzen das, was sie kennen.“
Boom mit zwei Gesichtern
Angesichts der hohen Nachfrage mussten die Spielwarenhersteller nach Jahren der Zurückhaltung ihre Belegschaften 2021 deutlich aufstocken. 43% der Produzenten gaben an, dass sie per Saldo die Mitarbeiterzahl in ihrem Unternehmen erhöht hätten. Mit einem Wermutstropfen müssen sie dennoch kämpfen. Umsatz- und Kostenentwicklung klaffen auseinander. „Die deutlich gestiegenen Aufwendungen in der Supply Chain“, sagt Ulrich Brobeil, „drücken natürlich auf die Rentabilität unserer Mitgliedsunternehmen. Preiserhöhungen werden nicht zu vermeiden sein.“ Mit einer Entspannung an der Kostenfront rechnen die Befragten gegen Mitte kommenden Jahres.
Ansprüche der Kunden steigen
Keine Überraschung ist, dass erneut der Online-Handel der zentrale Umsatztreiber ist. Das bestätigen 53% der befragten Spielwarenhersteller, die den Online-Handel auch nach der Pandemie weiter auf dem Vormarsch sehen. Diese Einschätzung teilen die Befragten der YouGov-Umfrage im Auftrage des DVSI. So haben in der Pandemie 21% aller Befragten Spielwaren für sich selbst oder ihre Familie sowie 26% Spielwaren zum Verschenken gekauft, vor allem online. Hauptquelle beim Online-Kauf von Spielzeug war Amazon (77%). Immerhin entschieden sich 25% für die Online-Shops des stationären Spielwarenhandels. Rosige Aussicht für die Zukunft des stationären Spielwarenhandels bietet diese Zahl dennoch nicht. Gefragt danach, wie sich die Corona-Pandemie mittel- bis langfristig auf die Besuche in der Stadt auswirken würden, sagten 59% aller Befragten, sie würden auch nach Corona seltener in die Stadt fahren. Nur 8% würden nach der Pandemie wieder stärker im stationären Spielwarenfachhandel einkaufen, aber 8% auf keinen Fall zurückkehren, während 26% tendenziell eher bei online bleiben.
Preis für die meisten Kunden kaufentscheidend
Die Möglichkeiten des stationären Handels, die Verbraucher wieder in ihre Geschäfte zurückzuholen, sind zudem eingeschränkt. Für 27% ist der Preis immer noch das überzeugendste Argument. Erlebnischarakter (13%) und Events (9%) spielen hingegen beim Verbraucher eher nur eine untergeordnete Rolle, während diese Aspekte bei Beratern und Lieferanten oft ganz oben stehen. Der Preis ist auch bei der Auswahl des Spielzeugs „kriegsentscheidend“, zeigt die YouGov-Umfrage. Mit 54% ist der Preis das wichtigste Differenzierungsmittel, während Qualität und Sicherheit mit 47% „nur“ auf Platz 3 landen und der Aspekt Nachhaltigkeit sogar abgeschlagen auf Rang 8 liegt. „Dass der Preis nach wie vor eine so dominierende Rolle bei der Kaufentscheidung spielt“, sagt Ulrich Brobeil, „hat mich überrascht, auch wenn wir seit Monaten eine hohe Inflationsrate haben. Viele Mitgliedsfirmen erzählten mir in den letzten zwei Jahren, dass der Aspekt Nachhaltigkeit beim Kauf immer wichtiger wird. Denken und Verhalten scheint auch hier noch auseinanderzugehen.“